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Bringt die KfW das Passivhaus um?
Zum 1. Mai hat die KfW ein Erdbeben in der Passivhausbranche ausgelöst – und kaum einer scheint es bislang bemerkt zu haben. Ab April 2016 ändern sich die Effizienzhaus-Klassen: Das KfW-Effizienzhaus 70 wird gestrichen, ein neues Effizienzhaus 40 Plus wird eingeführt und von Passivhaus ist nicht mehr die Rede.
Die akkreditierten Berater waren die ersten, die über den Newsfeed Zugriff auf das neue Merkblatt und seine Anlage zum Programm Energieeffizient Bauen (153) bekamen und sich verwundert die Augen rieben, als sie lasen, was die KfW zum 1. April 2016 am Förderprogramm und den technischen Mindestanforderungen ändert.
So viel scheint heute klar zu sein:
Ende für KfW-Effizienzhaus 70
Das Effizienzhaus 70 läuft zum 31.03.2016 aus. Der Schritt ist nachvollziehbar und richtig und wird von der Förderbank damit begründet, dass die höheren Anforderungen der EnEV 2016 nahezu denen des EH 70 entsprechen. Interessant ist die Übergangsfrist: Anträge zur Förderung des KfW-Effizienzhaus 70 können noch bis zum 31.03. gestellt werden, also noch 3 Monate nach Inkrafttreten der EnEV 2016
Erhöhung des Förderkreditbetrages auf 100.000 Euro
Auch dieser Punkt ist erfreulich und lobenswert: Die KfW erhöht zum 1. April 2016 den Förderhöchstbetrag von 50.000 Euro auf 100.000 Euro je Wohneinheit.
Einführung einer 20-jährigen Zinsbindung
Für die 20- und 30-jährigen Kreditlaufzeiten wird eine 20-jährige Zinsbindungsvariante eingeführt. Die Zinsverbilligung erfolgt aus Bundesmitteln.
Neu: KfW-Effizienzhaus 40 Plus
Neu einführen will die KfW zum 1. April das KfW-Effizienzhaus 40 Plus, es stellt die gleichen Anforderungen an Primärenergiebedarf und Transmissionswärmeverlust wie das EH 40, überrascht aber mit einigen technischen Mindestanforderungen, bei denen man sich unwillkürlich fragt, wer hier ganze Lobbyarbeit geleistet hat. Wörtlich heißt es in der Anlage zum Merkblatt:
Ein KfW-Effizienzhaus 40 Plus erfüllt die Anforderungen an ein KfW-Effizienzhaus 40 und verfügt über
folgendes Plus Paket:
• Eine stromerzeugende Anlage auf Basis erneuerbarer Energien
• Ein stationäres Batteriespeichersystem (Stromspeicher)
• Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
• Eine Visualisierung von Stromerzeugung und Stromverbrauch über ein entsprechendes Benutzerinterface
Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich: Erfreulich ist, dass die KfW. für die Plusvariante (warum aber nur dort?) eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung fordert, von der die Förderbank übrigens einen Wärmerückgewinnungsgrad von mind. 80 % verlangt. Nachvollziehbar ist auch, dass die Plus-Variante Photovoltaik mit an Bord haben muss. Aber wie kommt die KfW dazu (heute schon) Stromspeicher und die Visualisierung von Stromerzeugung und Stromverbrauch verbindlich einzufordern? Wer hat hier so erfolgreich Einfluss genommen, dass die staatliche Förderbank schnell eine neue Technik, die selbst von der Industrie nur als eine mögliche Variante gehandelt wird, zum State of the Art erklärt wird?
Passivhaus wird nicht mehr erwähnt
Schmerzlich könnte sich für die Passivhausbranche auswirken, dass der besonders ambitionierte Effizienzstandard in keinem der Programmnamen mehr erwähnt wird. Wo es früher noch offiziell „KfW-Effizienzhaus 40 (inklusive Passivhaus)" hieß, verzichtet man künftig auf den ausdrücklichen Einschluss des Passivhauses. Freilich kann und wird das Passivhaus auch künftig durch die KfW gefördert werden, jedoch ändert sich in der Anlage zum Merkblatt ein wesentlicher Satz.
Bisher hieß es: Der Jahres-Primärenergiebedarf QP und der Jahres-Heizwärmebedarf QH sind mit einer aktuellen Version des Passivhaus-Projektierungspakets (PHPP) durch einen Sachverständigen nachzuweisen.
Künftig gilt:
Für ein Passivhaus ist der Nachweis gemäß den Bilanzierungsvorschriften für KfW-Effizienzhäuser zu führen. D. h. dass der Jahres-Primärenergiebedarf (QP) und der auf die wärmeübertragende Umfassungsfläche des Gebäudes bezogene Transmissionswärmeverlust (H'T) des Neubauobjekts auf Grundlage der Bilanzierungsvorschriften für ein KfW-Effizienzhaus 40, 40 Plus oder 55 zu ermitteln sind.
Schon jetzt war es schwierig, Bauherren für das Passivhaus zu begeistern, weil diese eine höhere Förderung durch die KfW vermissten. Dass das Passivhaus jetzt auch in den offiziellen Effizienzhausklassen der Förderbank keine Erwähnung mehr findet und obendrein das PHPP nicht mehr als Nachweis anerkannt wird, könnte für den besten aller Effizienzstandards den Todesstoß bedeuten.
Spätestens jetzt ist es an der Zeit, dass auch die Passivhäusler ihre Lobbyarbeit aufnehmen und bei der KfW auf Nachbesserung drängen.