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In China wird das Passivhaus gefeiert
Erste Passivhaustagung in China: „1,5 Grad sind noch möglich!“
Beeindruckendes Engagement
„Es war genau die richtige Entscheidung, nach China zu gehen. Das Engagement zum höchst energieeffizienten Bauen und zur nachhaltigen Entwicklung beeindruckt uns, gerade hier in der Provinz Hebei. Wir gehen diesen Weg gerne weiter mit“, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Feist, Gründer des Passivhaus Instituts. In Gaobeidian begleitet das Passivhaus Institut die Entwicklung der Passivhaus-Siedlung Bahnstadt, die nach dem Vorbild der deutschen Bahnstadt in Heidelberg auf höchste Energieeffizienz im Passivhaus-Standard setzt.
„Die Zeit ist knapp!“
Wenn die über 20 Hochhäuser sowie mehrere Mehrfamilienhäuser fertig gestellt sind, wird die Bahnstadt Gaobeidian die größte Passivhaus-Siedlung der Welt sein. Die Siedlung beeindruckte auch Prof. Diana Ürge-Vorsatz. Die Umweltwissenschaftlerin wies als Mitglied des Weltklimarats IPCC in ihrer Eröffnungsrede darauf hin, dass der Juli 2019 der heißeste Monat seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen war. Die gute Nachricht: „Auch wenn viele nicht mehr daran glauben, das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist noch erreichbar. Allerdings unter großen Anstrengungen. Die Zeit ist knapp!“, so Ürge-Vorsatz.
„Warum bauen wir noch anders?“
Im Gebäudebereich böten gerade Passivhäuser die Chance, den Bedarf an Energie deutlich zu reduzieren und gleichzeitig den Bonus von erhöhtem Wohnkomfort zu genießen. „Passivhäuser sind mit demselben Budget möglich wie andere Gebäude, außerdem gesünder, warum bauen wir überhaupt noch anders?“, fragte Ürge-Vorsatz. Der Politiker und Co-Präsident des Club of Rome, Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker nannte mit Blick auf die Grenzen des Wachstums den derzeitigen Lebensstil „selbstmörderisch“. Auch von Weizsäcker betonte die Notwendigkeit, den Energiebedarf deutlich zu reduzieren und z. B. anstatt auf neue Kohlekraftwerke auf klimaneutrale Technologien zu setzen. Er sprach sich dafür aus, die Preise für Energie jährlich zu erhöhen. Fast 80 Zertifikate aus China
In seinem Vortrag skizzierte Prof. Dr. Wolfgang Feist die erfolgreiche Geschichte von Passivhäusern in China. Er erklärte zudem, dass es gerade in wärmeren Regionen nötig sei, während der Sommermonate mit reduziertem Energieeinsatz zu kühlen und dazu z.B. die solaren Lasten zu verringern. „Zusammen mit angemessener Dämmung und verbesserten Komponenten verbessert sich auch die Qualität der Raumluft erheblich“, so Feist. Er verwies dabei auf die mittlerweile rund 80 Fenster von chinesischen Herstellern, die ein Zertifikat als Passivhaus-Komponente erhalten haben und mindestens doppelt so effizient sind wie die konventionellen Produkte.
Passivhäuser lösen Probleme
Ni Haiqiong, Geschäftsführer des Mitveranstalters Orient Sundar Group, betonte, dass Energieverbrauch und Umweltverschmutzung ernsthaft zugenommen haben. Er skizzierte die Entwicklung in China von traditionellen Fenstern und Türen hin zur wachsenden Industrie mit Passivhaus-Komponenten. Vizegouverneur Zhang Gujiang erklärte, mit dem Passivhaus-Standard werde in der Provinz Hebei auf die Zukunft gesetzt. Die erste Passivhaustagung in China sei der Grundstein dafür, damit diese Technologie in der Region weiter Fuß fasse. Umweltingenieur Dr. Hou Lian erläuterte, dass unter anderem mit Passivhäusern die durch klassische Bauweise entstandenen Probleme mit der Luftqualität gelöst werden könnten.
„Passive“ Zukunftsaussichten
Prof. Xu Wei, Vorsitzender der China Passive Building Alliance, verwies in seiner Eröffnungsrede auf den 13. Fünfjahresplan für den Zeitraum 2016 bis 2020. Darin habe das chinesische Bauministerium zum ersten Mal den Niedrigenergiestandard gefordert und damit die Grundlage für energieeffizientes Bauen in China gelegt. Er skizzierte zudem das Ziel Chinas, sukzessive den Energiebedarf der Gebäude auf fast Null zu reduzieren. Zhang Xiaoling, Direktorin des Beijing Kanqiju Certification Center, erklärte, dass Passivhäuser die Gesundheit sowie den Lebensstandard der Chinesen verbesserten. Weitere Herausforderungen seien nun die Qualitätskontrolle der Gebäude sowie die Weiterbildung der am Bau Beteiligten.
Innovationen
Zahlreiche Hersteller von Passivhaus-Komponenten erhielten in Gaobeidian ein Zertifikat für ihr Produkt, darunter viele chinesische Hersteller. Zudem zeichnete das Passivhaus Institut die Preisträger des Komponentenpreises sowie des Innovationspreises aus. Der Innovation Award ging an das Unternehmen EcoCocons, Slowakei/Litauen, für sein Konstruktionssystem aus Stroh, an Q-Blue, Niederlande, für sein System zur Duschwasser-Wärmerückgewinnung, an Swisspacer, Schweiz, für das neue Fenster-Abstandhalterkonzept Triple sowie an Windoor City, China, für ein Holzfensterkonzept mit Aluminiumschale, das an alle Klimazonen angepasst werden kann.
Component Award 2019 Am Component Award 2019 für thermisch verbesserte Fenster, den die Europäische Union im Rahmen des Projekts AZEB (Affordable Zero Energy Buildings) förderte, beteiligten sich über 23 Unternehmen aus 12 Ländern. Der erste Preis in der Kategorie kaltes Klima ging an den Hersteller Harbin Sayyas Windows aus China für das Fenster PAZEN 120, für das kühlgemäßigte Klima an ENERsign aus Wittlich für das Fenster ENERsign primus, für das warmgemäßigte Klima an Daimaru Kogyo (Japan), Blumer Lehmann (China) und SEDA (Neuseeland) für das Holz-Aluminiumfenster smartwin compact sowie an Eurofinestra aus Italien für das Holzfenster ZEN. Die 14 Preisträger sind auf der Webseite des Passivhaus Instituts veröffentlicht.
Workshops auf Chinesisch
Neben den 20 Vortragsreihen zu Passivhaus-Projekten erweiterten 14 Workshops das Tagungsprogramm in Gaobeidian, davon auch zahlreiche auf Chinesisch. Unter anderem bot das Passivhaus Institut Workshops zu den Planungstools PHPP und designPH, Luftdichtheit sowie den Sinfonia-Workshop zu Klimaschutz auf Quartiersebene an. Auf der Passivhaus-Fach-ausstellung informierten sich auch mehrere tausend Besucher des zeitgleich stattfindenden Windoor Festivals über das energieeeffiziente Bauen. Zum Abschluss waren alle Teilnehmer der Passivhaustagung zu Exkursionen in die Passivhaus-Siedlung Bahnstadt sowie anschließend zu Passivhaus-Projekten nach Peking, Zhuozhuo und Baoding eingeladen. Architekturpreis 2020 Auf der Konferenz lobte das Passivhaus Institut den „2020 Passive House Award“ aus. Der Architekturpreis für energieeffiziente Gebäude und hochwertige Architektur richtet ein besonderes Augenmerk auf die Versorgung der Gebäude mit regenerativer Energie. Bis Juni 2020 können Passivhäuser, die zertifiziert sind, für diesen Architekturpreis eingereicht werden. Die Preisverleihung findet während der 24. Internationalen Passivhauskonferenz am 20. und 21. September 2020 in Berlin statt.